Die Lilli von La vie de Lilli hat eine Fragerunde gestartet, bei dir ich gerne mitmachen möchte. Sie möchte einige Dinge erfahren, die mit meinem liebsten Hobby zusammenhängen. Vielleicht ist es auch für dich interessant. Immerhin darfst du dadurch mal ein bisschen hinter die Kulissen spickeln.
1.Wann und wie hast du mit dem Nähen angefangen?
Das erste Mal an einer Nähmaschine saß ich mit zehn. Damals musste ich im Zuge des “Mensch und Umwelt“-Unterrichts für zwei Halbjahre Hauswirtschaft lernen. Mensch und Umwelt war ein Schulfach, das man ab der 7. Klasse zum Wahlpflichtfach wählen konnte, neben Natur und Technik und der Fremdsprache Französisch. Da natürlich in zwei Halbjahren niemals das Wissen vermittelt werden kann, wie später in vier vollständigen Schuljahren, lernten wir so Dinge wie Häkeln und eben das Nähen mit der Maschine. Danach versank das Wissen für einige Jahre in der Versenkung.
Mit 15/16 entwickelte sich bei mir der Hass auf die Modeindustrie. Mit gerade mal 1,54m war ich keine Riesin (und bin es nach wie vor nicht) und hatte wirklich Probleme Kleidung zu finden, die mir passte. Denn obwohl immer alle meinen, ich könne ja mit meiner Größe in der Kinderabteilung einkaufen, vergessen sie alle: Ich bin eine Frau. Das heißt: ich habe einen Arsch, ich habe eine Taille und ich bin mit relativ großen Möpsen “gesegnet”. Warum diese Wortwahl? Um zu verdeutlichen, dass ich eben NICHT in der Kinderabteilung einkaufen kann. Bei den Kurzgrößen brauche ich gar nicht anzufangen, denn die sind für die beleibteren kleinen Damen konstruiert und nicht für die schlanken kleinen Damen. Der krasseste Fall: eine Motorradhose in einer kurzen S: Ich passte mit beiden Beinen und meinem dicken Hintern in EIN (1!) Hosenbein. Das ist ein Anblick, der dich bis an dein Lebensende nicht mehr loslässt.
In dieser Zeit empfahl mir meine älteste Freundin von Passion Phoenix, ich solle mich an eine Nähmaschine setzen und mir meine Klamotten selber nähen. Gesagt, getan. Ich rief meine Oma an und lieh mir ihre Nähmaschine – eine Pfaff Varimatic 6085. Noch heute ein absolutes Schmuckstück. Mein erstes Nähprojekt war ein Mittelalterkleid nach einem Schnitt von Natron und Soda. Leider gibt es dieses Nähprojekt nicht mehr.
Da war das Hobby geboren.
2. Welches war deine erste Nähmaschine?
Obwohl ich regelmäßig Omas Nähmaschine lieh, fand erst 2011 meine erste eigene Nähmaschine zu mir. Das war damals eine AEG NM 376. Die war im Kaufland im Angebot und da ich zu dem Zeitpunkt recht wenig Geld übrig hatte, musste diese erstmal herhalten.
Mittlerweile ist eine alte Dame bei mir eingezogen: Die Gritzner Exact 141. Sie hatte zuvor viele Jahre lang meinem Partner Mister X hervorragende Dienste geleistet und darf nun bei mir exzessiv ihrer Bestimmung nachkommen. Und mal ganz ehrlich: Sie hat das selbe Baujahr wie ich, das kann nur gutgehen!
Etwa Ende 2012, Anfang 2013 habe ich mir noch eine Overlock zugelegt, die die ersten zwei Jahre einsam auf dem Dachboden verstaubte. Ich verstand die Mechanik nicht und scheiterte immer wieder am Einfädeln. Aber irgendwann war mein Ehrgeiz gepackt, sie kam in mein Nähzimmer und ich studierte sie von oben bis unten. Und heute möchte ich sie nicht mehr missen. Sie erleichtert mir das Nähen ungemein.
3. Was nähst du lieber: Taschen/Deko oder Kleidung?
Ganz klar Kleidung. Ich bin mittlerweile richtig gut darin und schaffe es ohne größere Schwierigkeiten vom simplen Rock mit Bündchen zur aufwändigen Jacke. Es macht irre viel Spaß und da ich das Meiste mit meiner Overlock nähen kann, bin ich natürlich auch deutlich schneller. Allerdings kamen im Lauf der Jahre natürlich noch weitere Dinge dazu, wie verschiendste Taschen und Aufbewahrungsmöglichkeiten.
Bei dem ersten Bild handelt es sich um das Top Sunshine von Ba-Samba. Ursprünglich war das mal ein Free-Book. Mittlerweile gibt es eine Neuauflage als Kaufversion. Beim zweiten Bild siehst du den Regenbogenbody von Schnabelina und das Poloshirt Kim von Heidimade. Beides sind Freebooks. Bild 3 und 4 zeigen mich in meinem absoluten Lieblingskleidungsstück: ein supertolles, superenges, supergut sitzendes Minikleid mit Raglanärmel und Schnürung. Dieses Kleid ist nach eigenem Schnitt und eigenen Maßen angefertigt und ich liebe es, nachdem es mich meine Nerven gekostet hat. Es sitzt wirklich total toll und ich finde, es kleidet mich ausgesprochen gut. Übrigens ist das nicht nur mein Lieblingskleidungsstück. Auch Mister X mag dieses Kleid sehr gern. Na wenn das mal nichts heißt.
Auf dem letzten Foto siehst du eine Janice von Pattydoo. Ich hab sie mir aus Alpenfleece vom Hollandstoffmarkt genäht, weil ich dringend eine Jacke für den Herbst brauchte.
Wie du siehst, ich kann auch Taschen. Auf dem ersten Bild ist ein Erstlingsset für Lucy, die Tochter einer Freundin, zu sehen – bestehend aus der gleichnamigen Wickeltasche, die ich entworfen habe, einem Dinkelkissen mit waschbarem Bezug, einer Windeltasche und einer U-Hefthülle. Allesamt Eigenentwürfe. Auf dem zweiten Bild siehst du die Schnabelina Bag in XS – ebenfalls von Schnabelina. Der Schnitt ist super. Ja wirklich! Ich selbst trage auch so eine als Immer-Dabei-Handtasche. Die auf dem Bild war ein Geburtstagsgeschenk für meine Mutter.
4. Lieblingsschnittmuster?
Ich glaube, da habe ich keins. Doch, die Ella von Pattydoo. Die habe ich jetzt schon mehrfach genäht und werde sie noch einige Male nähen, weil sie einfach eine ganz, ganz tolle Passform hat!
Das erste Bild zeigt die Ella in leicht abgewandelter Form. Der Rock ist um ein Vielfaches kürzer und es entstand ein Skaterkleid. Ich liebe die Farben, das Muster und den Schnitt!
Auf dem zweiten Foto ist die Ella ganz klassisch nach Schnittmuster genäht – weiter Schalkragen, normallanger Rock, lange Ärmel. Ich liebe den Stoff, aus dem ich den Rock genäht habe. Leider finde ich ihn nirgends mehr zu einem halbwegs vernünftigen Preis.
5. Ehrlich: Wie oft kommt der Nahttrenner bei dir zum Einsatz?
Jedes verdammte Mal. Mal häufiger, mal seltener. Der Nahttrenner ist mein bester Feind! Am meisten hasse ich ihn, wenn ich ihn nicht finde, oder wenn ich Overlocknähte auftrennen muss. Aber hey, Übung macht den Meister.
6. Kreatives Chaos oder perfekte Ordnung?
Ich halte mich da an das kreative Chaos. Ich kann mich nicht denken hören, wenn um mich herum Ordnung herrscht. Wenn ich nähe, fliegen immer überall Stofffetzen und Flusen rum. Ich suche mir einen Wolf, wenn es um die Schneiderkreide, die Schere oder den Nahttrenner geht. Egal wie oft ich mir vornehme, die Dinge immer an den selben Platz zu legen, ich suche sie generell. Ich brauche dieses Chaos einfach. Denn das Suchen nach etwas nimmt mir für einen Moment die Konzentration und ich kann mich danach wieder neu auf mein Werk fixieren. Das schärft den Blick auch für kleinere Fehler.
7. Das für dich „schrecklichste“, was du je genäht hast?
Ein Tea-Dress nach Natron und Soda. Ich wollte das unbedingt zur Hochzeit eines Verwandten anziehen. Dummerweise war im Schnittmuster nirgends gestanden, dass es aus elastischem Stoff sein sollte, andernfalls würde man einen Reißverschluss benötigen. Als ich mich dann endlich in das Kleid gequetscht hatte, warf es unschöne Falten (da das Schnittmuster quasi aus einer technischen Zeichnung bestand und ich nicht wusste, dass man die Linien vielleicht abrunden sollte), drückte meine Oberweite platt und zu allem Überfluss war der tiefschwarze Stoff nahezu durchsichtig. Das Kleid durfte, nachdem ich mich wieder rausgeschält hatte, als Stoffreserve dienen.
8. Wo kaufst du am liebsten deine Stoffe: Online oder im Stoffladen?
Am Liebsten kaufe ich meine Stoffe auf dem Holländischen Stoffmarkt in Stuttgart. Zusammen mit Sora von Sora Ito stelle ich den Markt zweimal im Jahr völlig auf den Kopf und wenn wir nicht mit einer Einkaufsliste, an die wir uns strikt zu halten versuchen, hingehen, sind wir ruckzuck mehrere 100€ ärmer.
Außerhalb vom Stoffmarkt gibt es in Schorndorf (quasi bei mir ums Eck) einen ganz tollen Stoffladen. Der heißt Stoff Galerie. Hin und wieder werde ich dort fündig. Meist fahre ich aber nach Suttgart zum Stoffmarkt Stuttgart oder zum Esro Jersey. Die haben beide eine ganz tolle Auswahl. Als Gewerbetreibende gibt’s dann natürlich auch noch einen Gewerberabatt. Das ist natürlich viel Wert. Und gerade die Besitzer vom Stoffmarkt Stuttgart haben ein gigantisches Fachwissen. Da wird jede einzelne Frage mit einer Engelsgeduld beantwortet. Ich habe mich dort immer sehr gut aufgehoben gefühlt.
Wenn ich aber weder vor Ort noch auf dem Markt in Stuttgart fündig werde, bestelle ich auch schonmal online. In der Regel bei Buttinette, Stoffe Hemmers oder Mode S4U.
9. Auffällige Muster oder lieber dezente Stoffe?
Wie dir oben bei meinen Kleidern sicherlich schon aufgefallen sein dürfte, ist es mir relativ egal ob die Stoffe ein auffälliges Muster haben oder eher uni sind. Ich kombiniere gerne und es kommt wirklich auf meine Stimmung an. Im Endeffekt muss mir der Stoff gefallen, ich muss eine Idee haben und ich muss die Laune haben die Idee umsetzen zu wollen. Zumeist greife ich aber nach Stoffen, die meinen Lieblingsfarben entsprechen: schwarz, petrol, grün. Dann kann nichts schief gehen.
10. Was ist das schönste, was du durch deinen Blog erreicht hast bzw. was du erleben durftest?
Ich glaube, das sind zwei Momente. Der erste war, als ich mit meinen Beitrag über die Gründe für Fehlstiche über 2000 Klicks an nur einem Tag generieren konnte. Das war echt ein Highlight. Im Zuge dessen entstand ein Großprojekt, über das ich noch nichts verraten kann. Aber das Feedback, was ich zu diesem Projekt erhalte, egal ob von Händlern oder von Eingeweihten, ist absolut gigantisch. Ich kann es an manchen Tagen noch gar nicht richtig fassen.
11. Was nähst du gerade?
Im Moment arbeite ich an meinem Mantel von Passion Phoenix. Außerdem liegen in meinem Arbeitszimmer noch gefühlt hundert Kleidungsstücke, die geändert, angepasst oder sonstwie verarbeitet werden möchten. Dazu gehört auch die Herstellung von Kleidersäcken für meine hochwertigen Kleider.
Dann stehen noch einige Projekte aus, die allerdings noch nicht aktuell sind.
12. Was fasziniert dich am Nähen?
Die Vielschichtigkeit. Man kann so unendlich viele Dinge machen, wenn man die Vorstellungskraft hat. Sei es das Spiel mit den verschiedenen Materialien oder das Ändern von bewährten Schnitten. Beim Nähen wächst man ständig über sich hinaus und das gibt ein wirklich tolles Gefühl.
Und natürlich der Moment, wenn man etwas Selbstgenähtes in der Öffentlichkeit trägt und von Wildfremden angesprochen wird. Das ist mir sowohl mit meiner Handtasche, meiner petrolfarbenen Langarmella und meinem schwarzen Minikleid passiert. Menschen trauen sich dich wegen deiner Kleidung anzusprechen, sind fasziniert und begeistert. Das ist das größte Kompliment.
Was ist mit dir? Mach doch auch mit bei der Fragerunde: Mein liebstes Hobby, das Nähen!
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