Mal wieder nicht geklappt

Ich hatte dir ja erzählt, dass ich ein Vorstellungsgespräch bei einer Medienagentur hatte. Während des Gesprächs hatte der Chef anklingeln lassen, dass ich eine Chance auf eine Probewoche habe, in der ich den Betrieb und der Betrieb mich kennen lernen könne. Ich saß die darauffolgende Woche wie auf Kohlen – an dieser Stelle: Danke Mama, dass du mich zum VG gefahren hast! – da der Chef meinte, er würde sich auf jeden Fall melden. Fast eine Woche nach dem VG bekam ich eine eMail, dass ich vom 2.-6.7. zum Probearbeiten kommen solle. Ab diesem Moment war ich ein nervliches Wrack. Sobald ich auch nur an die Firma dachte, bekam ich Muffensausen. Das war mir in den vergangenen Jahren noch nie so gegangen. Herr Sidney versuchte mich die ganze Zeit über abzulenken, indem er mir vermittelte, dass der 2.7. ja noch lang hin ist. Das half auch etwas, aber je näher wir an den Stichtag kamen, desto schlechter ging es mir.

Am Freitag entführte Herr Sidney mich dann nach Ulm, damit ich auf andere Gedanken komme. Samstag waren wir in Waiblingen auf dem Staufer Spektakel. Abends kam dann Teddy und blieb über Nacht. Sonntag hatten Herr Sidney und ich dann unser Jubiläum. Ursprünglich hatte er etwas geplant, was wir draußen machten konnten, aber das Wetter war so grottig, dass wir einfach nur die Seele baumeln ließen, kuschelten und einen schönen Tag verbrachten – so schön, wie es eben geht, wenn die Freundin permanent im Kreis rennt und gar nicht mehr zur Ruhe kommt.

Das Ergebnis des Sonntags war dann, dass ich in der Nacht zum Montag kein Auge mehr zu tat. Ich fühlte mich Montag früh wie ausgelutscht. Zu allem Überfluss kam dann mein Zug in Reichenbach auch noch zu spät: Vielen Dank deutsche Bahn! Ich liebe euch! – Nicht. Mit mehr Glück als Verstand schaffte ich es dennoch pünktlich nach Fellbach. Dort angekommen erfuhr ich, dass der Chef noch nichtmal erwähnt hatte, dass ich zum Probearbeiten kommen solle. Anstelle, dass man mich irgendwie einlernt, mir sagt, was ich darf und was nicht, wurde ich direkt ins kalte Wasser geschmissen. Ein Glück, dass ich Ahnung von Adobe und von Photoshop mitbrachte und dass ich ein Gespür für Gestaltung habe. Das um-die-Ecke-denken, das man mir so gern ankreidet, hat mir gestern wahre Dienste erwiesen. Ich arbeitete an einer Maschine, die Rückstichbindung macht, half beim Klebebinden, sortieren, bei der Stapelverarbeitung, schneiden, etc. Innerhalb weniger Stunden hatte ich bereits alles einmal gemacht, außer den Plotter für Poster und Banner bedient und auch noch keine Heißklebebindungen gemacht. Meine potentiellen Kolleginnen waren begeistert, da ich kein Problem damit hatte mit anzupacken und mich in die Sache reinzuknien. Ich redete mit Kunden, bediente sie und erfuhr eine halbe Stunde vor Feierabend, dass ich die Stelle nicht bekommen würde, da der Chef mittags von einem Bewerber angerufen wurde, dem er vor Wochen eine Zusage gab und auf dessen Feedback er noch wartete. Anstelle, dass er mir das direkt sagte, ließ er mich bis abends weiter arbeiten – der Grund, warum ich jetzt nicht mehr stehen kann – und schickte mich dann nach Hause. Zuvor zerriss er meine Bewerbung in der Luft und meinte, dass ich mich mit so einem Käse nirgends bewerben brauche. Ich solle eine Standardbewerbung schreiben und keine Arbeitsproben beilegen. Bitte? Seit wann soll man in einem kreativen Beruf keine Arbeitsproben beilegen? Zumal bei fast jeder Stellenbeschreibung steht, dass um Arbeitsproben gebeten werden.

Wie dem auch sei. Der Chef meinte, falls jemand abspringe, sei ich seine erste Wahl. Toll. Davon kann ich mir auch nichts kaufen. Meine potentiellen Kolleginnen waren enttäuscht und geschockt. Aber ändern lässt sich auch nichts mehr.


 
 
 

Kommentar verfassen