Oh wie schön ist …

London (nicht Panama :P).

Zumindest dachte ich das eben, als ich die Blogposts der letzten Tage auf Kokelores las. Marianne ist ein begeisterter Londonfan. Ich mag diese Stadt übrigens auch sehr gern – auch wenn ich nicht ganz so besessen bin *Marianne mal zuzwinkert*. Auf Kokelores beschreibt sie, wie sie ihr “erstes Mal” London erlebt hat. Ich glaube, das möchte ich ihr gleich tun. Allerdings muss ich dich gleich von vorn herein enttäuschen, es wird wohl keine Bilder dazu geben. Ich weiß nämlich nicht, wo in diesem vermaledeiten Umzugschaos die Aufnahmen von damals sind. Außerdem möchte ich meine Erzählung auf einen Teil Englands ausweiten und nicht nur über die wunderschöne Hauptstadt sprechen.

Mein “erstes Mal” England hatte ich mit 14 fast 15. Wow, das ist jetzt auch schon 11 Jahre her. Ich werde langsam alt o.O Jedenfalls war meine Fahrt nach London ein ziemlicher Kampf. Ich hatte in der Schule das Wahlpflichtfach Französisch. Dadurch war es den “Nichtfranzosen” vorbehalten, nach England zu fahren. Nur wenn diese nicht alle verfügbaren Austauschpartner “vollbekamen”, rutschten wir Franzosen nach. Dabei wollte ich doch gar nicht nach Frankreich zum Austausch (mein Französisch ist damals wie heute einfach nur miserabel. Je ne parle pas français. Das krieg ich gerade noch so pi mal Daumen herausgestottert. Aber englisch … diese Sprache faszinierte mich schon von kleinauf. Ich war ein Fan von Jack the Ripper, Sherlock Holmes und Sir Arthur Conan Doyle. Bin ich übrigens heute noch 😉 Aber mit 14 setzte ich alles daran, dass ich zu den Glücklichen zählen durfte, die sich auf die lange Reise machten um unserer Partnerstadt – damals Chelmsford – einen Besuch abzustatten.

Und tatsächlich! Ich durfte mit! Wie nicht anders zu erwarten ging es in aller Herrgottsfrühe los. Ich weiß nicht mal mehr um wie viel Uhr genau, geschweige denn, wie lange wir gefahren sind. Ich weiß nur noch, dass dieser Doppeldeckerbus einfach nur unbequem war. Ich war hundemüde, konnte aber vor lauter Aufregung nicht schlafen. Was würde mich dort erwarten? Vorab hatte mir meine Austauschpartnerin einen Brief geschrieben. Kim Richards. Ihre Mutter hieß Tracy. Sie hatte zwei kleinere Brüder und alle fünf lebten in einem typischen englischen Vorstadthaus, sprich: ein Haus sah aus wie das andere und unterschied sich nur anhand der Vorhänge und den Autos, die davor standen.

Auf der Fahrt nach England fuhren wir teilweise natürlich über die Autobahn. Es war Spätherbst. Mir fiel ein rotes Cabrio auf, weil es mit offenem Verdeck fuhr. Als wir dann im Stau standen, sah der Fahrer nach oben. Fröhlich winkte ich ihm zu und erntete ein Lächeln. Als meine Kameraden mitsamt Bus und ich auf der Fähre ankamen, traf ich dann prompt den Fahrer aus dem roten Cabrio wieder. Wir unterhielten uns und er erzählte, dass er, genau wie wir, auf dem Weg nach England sei um seinen Bruder zu besuchen. Das war ungemein faszinierend. Leider konnte ich mich nicht ausführlich mit ihm unterhalten, denn eine Klassenkameradin von mir wurde seekrank. Ihr war gotterbärmlich schlecht. Gut, ich muss zu ihrer Verteidigung zugeben, dass wir einen ziemlichen Seegang hatten.

Schließlich verabschiedeten wir uns von der Fähre und fuhren mit dem Bus weiter. Unsere Gruppe war aus zwei Schulen zusammen gewürfelt. Die eine hatte ihre Partnerschule in Essex, wir hatten unsere in Springfield. Beides sind Ortsteile von Chelmsford. Es war nachts um halb zwei, als wir auf dem Parkplatz unserer Austauschschule ankamen. Das weiß ich noch so genau, weil ich immer noch müde aber umso aufgeregter war. Ich war endlich in England und sollte bald meine Gastfamilie treffen. Mit unseren Begleitlehrern wurde abgesprochen wie und wann wir uns Montags treffen würden, dann machten wir uns auf die Suche nach unseren Gasteltern. Kim und ihre Mum fanden mich relativ schnell – ich muss gestehen, dass ich zwischenzeitlich echt Angst hatte, dass ich dort mutterseelenallein verkümmern würde. Dann fuhren wir auch schon los. Tracy fragte nur kurz, wie es mir ging und wie die Fahrt war, dann ließ sie mich in Ruhe. Bei meiner Abfahrt erfuhr ich, dass sie am ersten Tag von meinen riesigen Augen überrascht war und mich meine neue Umgebung erfassen lassen wollte. Und wie sie das tat. Ich hatte das Gefühl, dass sie rasen würde, stellte aber im Lauf der Woche fest, dass sie an diesem Tag extrem langsam gefahren war.

Als wir dann ankamen, lernte ich Kims Vater und Brüder kennen. Sofort war ich umzingelt: Do you want to eat something? Is everything alright? Are you tired? Etwa eine Stunde lang versuchte ich mich zu aklimatisieren und die Fragen zu beantworten. Dann brachte mich Kim zu meinem Zimmer. Sie nahm mein Gepäck, zeigte mir das Bad und brachte mir eine Flasche mit Wasser. Sie erklärte mir, dass sie mich am nächsten Morgen so gegen zehn wecken würde.
Ich dachte noch bei mir, als sie das Zimmer verließ, dass ich wohl kein Auge zu tun würde. Pustekuchen. Noch bevor mein Kopf das Kissen berührte, fiel ich in Tiefschlaf. Ich war allerdings schon um kurz nach acht wieder wach. Viel zu aufregend war England.

Kim kam wie versprochen um zehn, wir machten uns fertig und sie hatte den Auftrag mir die Umgebung zu zeigen. Ich fühlte mich wie in Harry Potter, als er von seinem Cousin Dudley auf dem Spielplatz dumm angemacht wird. Wir kamen tatsächlich an solch einem Spielplatz vorbei. Nur dass ich das erst Jahre später erfuhr, denn der Teil in dem der Spielplatz vorkam wurde erst vor wenigen Jahren verfilmt. Ich hatte das Gefühl ein Déjà-vu zu haben (noch so ein französisches Wort!).
Als Kim und ich das Haus verließen, ging im Nachbarhaus ebenfalls die Tür auf. Und wer kam raus? Der Mann aus dem roten Cabrio. Das Cabrio entdeckte ich dann im selben Moment. Wir sahen uns und mussten dann schallend lachen.

Das war also mein Start in England 🙂


 
 
 

2 Kommentare bei „Oh wie schön ist …“

  1. Tolle Geschichte! Leider war sie hier schon zuende, obwohl ich soooo gerne weitergelesen hätte. Wie ging das mit dem Mann aus dem roten Cabrio weiter? Das ist ja schon ein bemerkenswerter Zufall! Vielleicht gibt es ja eine Fortsetzung 😉
    LG
    Sabine v. Liebstöckelschuh

  2. hach wie schön 🙂 Grüße aus dem Krankenhaus ^^

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