Oh wie schön ist London – Teil II

Ich hatte ja bereits von meinem Schüleraustausch nach England erzählt, davon wie ich den Mann im roten Cabrio wieder traf und davon, dass ich riesige Augen bekam, als wir von meiner Partnerschule zu meiner Austauschfamilie fuhren – obwohl es bereits weit nach Mitternacht war. Leider kann ich dir nicht so viel von dieser Zeit erzählen, da ich vieles nicht mehr weiß. Aber das, WAS ich weiß, berichte ich gern 🙂

Nun, der Mann im roten Cabrio. Er blieb etwa drei Wochen in Chelmsford und war dabei, als ich wieder abfahren musste – was mir übrigens das Herz brach. Ich hatte mich in England verliebt (also in die Stadt 😉 ). Ich musste schließlich schon nach einer Woche wieder fahren.

Den wohl schönsten Tag verbrachte ich mit meiner Austauschfamilie. Wir fuhren nach London und statteten dem Planetarium einen Besuch ab. Anschließend scheuchte Tracy uns vier (die beiden Jungs, Kim und mich) durch Mme Tussaud’s. Ich war absolut fasziniert. Irgendwo gibt es Bilder von mir und Buffy (Sara Michelle Gellar), Tom Cruise, Brad Pitt und natürlich Einstein. In diesem Sinne: Liebe Grüße an meinen Adoptivopa!
Als ich nämlich wieder zu Hause war und die Fotos meiner Mutter vorlegte, meinte sie, dass es aussähe, als hinge ich am Arm meines Opas. Wir machten uns einen Spaß daraus und ab da war Einstein mein Adoptivopa. Würde erklären, warum ich in Mathe eine Niete war.

Jedenfalls war ich total begeistert. Kim und ich gingen dann zusammen mit Tracy noch in den Dungeon. Der war damals weltweit der Erste seiner Art. Ich bekam am Ausgang einen Flyer, dass in Hamburg im Folgejahr ebenfalls ein Dungeon eröffnen sollte.
Jack the Ripper war übrigens auch vertreten. Leider war er hinter Gittern, was ein Foto mit dem berüchtigten Serienkiller unmöglich machte. Sein Gesicht war von seinem Cape verdeckt – denn immerhin wissen wir bis heute nicht, wer Jack the Ripper war.
Übrigens gabs im Dungeon auch solche Gestalten wie Vlad III. auch Vlad Drăculea (Sohn des Drachen) oder Vlad Țepeș (der Pfähler) oder Adolf Hitler. Hitler stand ebenfalls hinter Gittern bzw. ich glaube sogar hinter Glas um verherrichendes Bildmaterial für Neonazis zu unterbinden.

Als wir die Tour beendet hatten, dachte ich noch bei mir, dass das viel zu schnell gegangen war. Anschließend statteten wir dem Regent’s Park noch einen Besuch ab. Die Raben dort sind groß und wunderschön. Ich habe noch nie einen Raben gesehen, der ein solch sattes blauschwarzes Gefieder hatte, wie der, der neugierig und spitzbübisch zu unserer Bank gehoppst kam.
Wir vesperten im Regent’s Park und machten dann einen Abstecher zum Southend-on-Sea. Soll heißen, wir fuhren ans Meer. Von Chelmsford aus war das gar nicht so weit weg, wie ich ursprünglich angenommen hatte. Jedenfalls brachte Tracy die Jungs zu ihrem Mann und wir drei Mädels verbrachten den Nachmittag am Meer. Für mich war das der schönste Tag der gesamten Woche, auch wenn ich die Tage in England generell sehr genossen habe.

Da ich schon vorab erklärt hatte, dass ich keinen Fisch essen würde, ersparte mir Familie Richards die obligatorischen Fish and Chips. An den beiden Wochenenden, die ich dort verlebte, durfte ich die Tea Time mitmachen. Ich erlebte, wie die Queen mitsamt Schoßhündchen und riesigem Konvoi an mir vorbeifuhr und im Moment als sie das Tor zum Buckingham Palace passierte, die Flagge von Halbmast auf Vollmast gehisst wurde. Ich sah die London Bridge geöffnet (soll ja angeblich Glück bringen) und ich sah tausende von Tauben am Picadilly Circus. Ich fuhr mit der U-Bahn und durfte feststellen, dass das obligatorische “Mind the gap” kein Hirngespinst meiner Englischlehrerin gewesen ist. Meine Klasse und ich statteten der Markthalle am Queen’s Walk einen Besuch ab (irre groß und irre schön) und ich lernte im Lauf der Woche sogar einen deutschen Bäcker kennen, der beim Mildenberger das Bäckerhandwerk gelernt hatte (dort hatte meine Mutter vor Jahren ihre Ausbildung zur Bäckereifachverkäuferin absolviert) und nach England gegangen war um den Engländern vernünftige Brezeln und Brötchen sowie Bauernweißbrot nahezubringen.

Ich war (neben meiner Englischlehrerin) die Dolmetscherin für meine Klasse. Keiner von denen verstand auch nur ein Wort, was die english people von ihnen wollten. Wenn wir nach dem Weg fragen mussten, fragte ich. Irgendwann fragte mich eine Engländerin ob ich denn aus Oxford kommen würde, mein Englisch sei so toll. Der einzige, der mich direkt als Deutsche entlarvte, war der Bäcker. Ich wär nämlich trotz gutem Englisch eine der wenigen, die Brezel richtig aussprach. Ich hatte meinen Spaß, der Bäcker ebenfalls und ich glaube, die Engländer, die ich dort traf, erst recht.

Wir machten einen Abstecher nach Cambridge und ich stand auf einer Brücke, die original so aussah, wie Monets Brücke über den Seerosen, nur dass sie nicht in Frankreich stand, sondern in England.

Übrigens kam ich auch an einem typischen englischen Friedhof vorbei, einem mit umgestürzten und schiefen Grabsteinen, völlig verwildert und unglaublich romantisch.


 
 
 

Kommentar verfassen